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Aufsätze

​​​​›WEICHE‹ ERKLÄRUNG DER BEDINGTEN FREIHEIT 1/2​​

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​​​​Abgesehen von neurobiologischen Ursachen lässt sich die bedingte Freiheit der Handlungen aus wohl überlegten Gründen erklären, denn «frei ist nur der überlegte Wille».1​  Daher schließt Habermas in den Begriff bedingter Freiheit die Thematik der Abwägung, Erwägung und Ãœberlegung in Zusammenhang mit dem Entscheidungsvermögen des Willens ein. Solange Menschen Entscheidungen treffen, lässt ihre Freiheit durch die Abwägung und Erwägung überlegter Gründe bedingen. Im Rahmen dieser Bedingtheit ist jeder Handelnde insofern frei, als er gemäß dem Ergebnis seiner Ãœberlegung das Richtige entscheidet und demzufolge richtig handeln will. In diesem Sinne bedingen besagte Gründe das Wollen seines Willens, seine Entscheidungen und sein Handeln, das notwendig vom Begriff bedingter Freiheit erfordert wird. Demnach muss jeder Handelnde aus wohl überlegten Gründen nicht nur von der absichtlichen Richtigkeit seines Handelns überzeugt sein, sondern er muss auch tatsächlich gemäß besagten Gründen das Richtige tun.

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Von diesem Standpunkt aus ist die ›weiche‹, rationale Erklärung der bedingten Freiheit bei Habermas, der einschließlich während der Abwägungsvorgänge von Handlungsalternativen die überlegten Gründe berücksichtigt, eine Kritik an der szientistischen Kausalerklärung, die ausschließlich auf neurobiologische Ursachen besagte Gründe des freien Handelns reduziert. Seinerseits räumt Habermas ein, dass seine Auffassung bedingter Freiheit sich durch biologische, psychologische, soziokulturelle und sprachliche Faktoren begrenzen lässt, denn der Mensch ist ein organisch verwurzelter Geist in der Welt. Aus diesem Grund beeinflussen seine physische Kondition, Fähigkeiten, Temperament, Charakter und andere Umstände seiner Lebensgeschichte, der Gesellschaft, Kultur und Sprache seine umstandsbedingt situierte Freiheit.

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1 HABERMAS, Jürgen, Zwischen Naturalismus und Religion. Philosophische Aufsätze (Suhrkamp, Frankfurt 2005), S. 160.

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