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ÉTICA DE LA RENUNCIA

AL PODER

 

LA INTERACCIÓN DE LA CONCIENCIA

EN EL MARCO DE LA SOLIDARIDAD CON LAS VÍCTIMAS

 

Secuela de mi disertación doctoral

en el contexto de nuestro México violento y convulso

 

2.4 CONOCIMIENTO E INTERÉS

 

Von einem geschichtlichen Standpunkt aus schnitt Habermas sowohl im Jahre 1965 in seiner Frankfurter Antrittsvorlesung Erkenntnis und Interesse als auch im Jahre 1968 in seinem homonymen Buch und danach 2000 in seinem Aufsatz Nach dreißig Jahren: Bemerkungen zu Erkenntnis und Interesse das gleichnamige Thema dieses Abschnitts an. In besagtem Buch des Jahres 1968 schließt Habermas geschichtliche Untersuchungen über Kant, Fichte, Hegel, Comte, Peirce, Dilthey, die Natur- und Geisteswissenschaften ein und hebt zwischen ihnen die Marx’sche, gesellschaftstheoretische Metakritik und die Freudsche, metapsychologische Sinnkritik hervor.[1] Im Hinblick auf die Befreiung als Emanzipation versucht Marx kritisch, durch die gesellschaftliche Arbeit die idealistische Theorie Hegels auf die materialistische Praxis, die von einem revolutionären und emanzipatorischen Interesse angereizt wird, zurückzuführen. Seinerseits untersucht Freud mittels der Psychoanalyse die menschlichen Interessen, denn ihrer theoretischen Erkenntnis nach können sich Menschen psychotherapeutisch durch die praktische Erfüllung ihrer Wünsche befreien lassen. Obgleich sich Habermas nach dreißig Jahren von bestimmten Auffassungen seines Buchs des Jahres 1968 entfernt, bleiben die vier folgenden Punkte seiner Meinung nach noch aktuell:

 

«[…], ich habe damals die genetische Epistemologie Hegels mit den realistischen Implikationen der Marxschen Theorie, nämlich mit der Prämisse einer naturgeschichtlichen Herkunft des Menschen und seiner soziokulturellen Lebensformen zusammenfügen wollen. In der aktuellen Hegel-Diskussion lasse ich mich von derselben Intention auch heute noch leiten. […] Ebenso aktuell ist auch das weitere Thema – der vom späten Peirce erneuerte Universalienrealismus. Heute verteidige ich wie damals die Differenz, die zwischen Lebenswelt und objektiver Welt besteht».[2]

 

«Ich habe die Sprache damals auch schon als Medium verstanden, das die Möglichkeit einer Individuierung durch Vergesellschaftung erklärt. Das war der Schlüssel zu einem Konzept der Ich-Identität, der für die Sozialisationstheorie wichtig geworden ist. […] Zu der kommunikationstheoretischen Deutung der Psychoanalyse stehe ich auch heute noch. […] Ich bedaure, daß ich meine »Überlegungen zur Kommunikationspathologie« nicht in empirischen Untersuchungen habe überprüfen können».[3]

 

Nach diesen geschichtlichen Untersuchungen systematisiert Habermas 1978 in der Einleitung zur Neuausgabe seines Werks Theorie und Praxis die Anwendung des epistemologischen Aspekts der Beziehung zwischen ihnen auf die Begriffe von „objektiver Wissenschaftserkenntnis“ und „subjektivem, kollektivem Interesse des instrumentellen, strategischen und kommunikativen Handelns“, deren Verhältnis den kognitiven Entstehungszusammenhang und den praktischen Verwendungszusammenhang der Theorie und Praxis aufklärt.

 

Im engsten Sinne entspringen Interessen aus der Lebenswelt, die z. T. subjektiv und z. T. soziokulturell ist. Von dieser tief darunter liegenden Realitätsdimension ausgehend beeinflussen subjektive und kollektive Interessen die Objektivität der Erkenntnis und folglich die Erkenntnispsychologie, die Wissenssoziologie und die Ideologiekritik. Insofern ist der Einfluss besagter Interessen so allgemein, dass sie die objektive Wissenschaftserkenntnis bedingen und jedem Erkennenden zur Organisation der eigenen Erfahrung und des empirischen, hermeneutischen Wissens verhelfen. Folgendermaßen betont Habermas diesen kognitiven Einfluss:

 

«Daher sind technisches und praktisches Erkenntnisinteresse nicht Steuerungen der Kognition, die um der Objektivität der Erkenntnis willen ausgeschaltet werden müßten; sie selbst vielmehr bestimmen den Aspekt, unter dem die Wirklichkeit objektiviert, und damit der Erfahrung allererst zugänglich gemacht werden kann. Sie sind die für sprach- und handlungsfähige Subjekte notwendigen Bedingungen der Möglichkeit von Erfahrung, die auf Objektivität Anspruch erheben kann».[4]

 

Demnach sind Interessen allgemeine und notwendige Bedingungen der objektiven Erkenntnis, die auf diese Weise subjektiv bedingt wird, nicht nur ideologische Voraussetzungen für die Verfälschung der Erkenntnis. Demzufolge ermöglichen ›erkenntnisbedingende‹ Interessen die Einheit zwischen dem kognitiven Entstehungszusammenhang, dem die theoretische Erkenntnis schrittweise entspringt, und dem praktischen Verwendungszusammenhang einer angewandten Erkenntnis gemäß dem Interesse des instrumentellen, strategischen und kommunikativen Handelns. Auf diese Weise bringen Interessen, die laut Habermas auch ›erkenntnisleitend‹ sind, die Theorie mit der Praxis in Zusammenhang. Obwohl Wissenschaften kaum in ihr methodologisches Selbstverständnis diese Verbindung aufnehmen, betont die philosophische Kritik die Rolle des ›erkenntnisbedingenden ‹Interesses und die praktische Anwendung der Theorie.

 

In Bezug auf das instrumentelle, strategische und kommunikative Handeln gehen Natur-, Geistes- und ideologiekritische Wissenschaften jeweils ein technisches, praktisches und emanzipatorisches Erkenntnisinteresse ein. Von der Perspektive ausgehend, die von jedem entsprechenden Erkenntnisinteresse sowohl für die technische Verfügung als auch für die lebenspraktische Interaktion zur Verständigung und für die befreiende Emanzipation fokussiert wird, fasst jedes Subjekt die Objektivität der Wirklichkeit auf.

 

Im Großen und Ganzen vertritt Habermas in seiner Antrittsvorlesung des Jahres 1965 die fünf folgenden Thesen über das Verhältnis von Erkenntnis und Interesse: 1) Erkenntnistheoretische Leistungen des Subjekts haben eine naturgeschichtliche Interessenbasis in der inneren Natur der Menschengattung und diese Lebenswelt ist Quelle von ›erkenntnisleitenden‹ Interessen, die den Entwicklungsprozess der theoretischen Erkenntnis anreizen. 2) Obgleich die Erkenntnis dem Subjekt instrumentelle Selbsterhaltungs- und Selbstbehauptungsmacht gewährt, kann es über sie mit Hilfe von anderen kommunikativen Interessen hinausgehen.[5] 3) Das Vergesellschaftungsmedium, aus dem die ›erkenntnisleitenden‹ Interessen entstehen, besteht aus gesellschaftlicher Arbeit, sprachlicher Kommunikation und Herrschaft über die Befestigung des Identitätsbewusstseins jedes Einzelnen.[6]

 

4) Durch die Kraft der Selbstreflexion, die mit der Mündigkeit die autonome bzw. emanzipatorische Ausübung der Vernunft, des Willens und Bewusstseins voraussetzt, lassen sich die Erkenntnis und das Interesse miteinander vereinen. 5) Zuletzt bewährt sich die Einheit von Erkenntnis und Interesse mit Hilfe der Ideologiekritik, die den Prozess der Kommunikationsverzerrung und der geschichtlichen Dialogunterdrückung rekonstruiert. Infolgedessen sind jene undialogischen Theorien, die die Kommunikationspraxis verzerren, ideologisch.

 

 

 

 

[1] Vgl. ders., Erkenntnis…, S. 36 ff. und 262 ff.

 

[2] Ders., »Nach dreißig Jahren: Bemerkungen zu Erkenntnis und Interesse«, in: MÜLLER-DOOHM, Stefan, Hrsg., Das Interesse der Vernunft. Rückblicke auf das Werk von Jürgen Habermas seit »Erkenntnis und Interesse« (Suhrkamp, Frankfurt 2000), S. 16-17.

 

[3] Ebd., S. 18.

 

[4] HABERMAS, Jürgen, Theorie und Praxis…, S. 16. B. Willms fasst den Habermas’schen Begriff „Interesse“ als „bewusstes Bedürfnis“ auf, «das heißt als die spezifische Weise, in der dem Menschen seine Bedürfnisse gegeben sind, zu bestimmen sind, so hat man im Begriff des ›Interesses‹ eine sehr allgemeine Kategorie, an der man eine Vernunfttheorie quasi anthropologisch festmachen kann». WILLMS, Bernard, Kritik und Politik. Jürgen Habermas oder das politische Defizit der »Kritischen Theorie« (Suhrkamp, Frankfurt 1973), S. 183.

 

[5] Aus diesem Grund kritisiert Habermas das instrumentelle Handeln und folglich auch die Reduktion der Vernunft auf technische Rationalität und auf technische Verfügung.

 

[6] Vgl. HABERMAS, Jürgen, Technik und Wissenschaft als ›Ideologie‹ (Suhrkamp, Frankfurt 1969), S. 162-163.

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