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ÉTICA DE LA RENUNCIA

AL PODER

 

LA INTERACCIÓN DE LA CONCIENCIA

EN EL MARCO DE LA SOLIDARIDAD CON LAS VÍCTIMAS

 

Secuela de mi disertación doctoral

en el contexto de nuestro México violento y convulso

 

2.7 VERDAD OBJETIVA

Y JUSTIFICACIÓN INTERACTIVA

 

Im Jahre 1999 nahm Habermas in seinem Werk Wahrheit und Rechtfertigung den Faden eines Themas, das er früher im Vorstudium über die Wahrheitstheorien des Jahres 1972 behandelt hatte,[1] wieder auf. In jenem Werk betont Habermas explizit die objektive Dimension der Wahrheit, da ihre intersubjektive Geltung, die interaktiv während der Kommunikationsvorgänge gerechtfertigt wird, keine rein diskursive Konstruktion ist. In Anbetracht dieser expliziten Betonung besteht die Rechtfertigung der Wahrheit in der intersubjektiven Geltung ihrer Objektivität mit Hilfe von formalen Argumentationsvorgängen, deren Wahrheitsanspruch auf die objektive Welt Bezug nimmt. Von diesem kognitiven Bezug ausgehend lässt sich der ›propositionale‹ und objektive Gehalt der Wahrheit bestimmen, deren erkenntnistheoretische Geltung noch universalpragmatisch und postkonventionell aufgrund intersubjektiver Argumentation rechtfertig werden soll.

 

Ausdrücklich räumt Habermas ein, dass Sein ›veritatives‹ Sein ist. Mitsamt dieser realistischen Annahme vertritt er die Ansicht, wonach Wirklichkeit und Sprache zwar im interaktiv handelnden und bewussten Ich zusammenfließen, aus seiner anthropologischen Perspektive ständig in einem unzertrennlichen Zusammenhang miteinander verbunden bleiben, sich gegenseitig ergänzen, aber gegenseitig sind sie so formal unterschiedlich wie das Sein und das kommunikative Handeln.

 

Demnach «durchdringen sich Sprache und Realität auf eine für uns unauflösbare Weise»[2] und aus diesem Grund kann weder unser Auffassungsvermögen noch unser Verständnis außerhalb der Sprachgrenzen hinausgehen. Wegen der Vergesellschaftung lässt sich die Lebenswelt jedes Menschen, sofern sie für teilweise subjektiven und teilweise gemeinsamen Hintergrund von Intentionen und Überzeugungen gehalten wird, durch die Sprache von Anfang an gestalten. In ähnlicher Weise verweben sich die Sprache und das Handeln miteinander –d.h. Sprachspiele und Praktiken– so untrennbar, dass der Sprachgebrauch in der Alltagspraxis eine Handlungsweise ist und die Rede selbst sich nach Art von Sprechakten bzw. Sprechhandlungen vollzieht.

 

Im Allgemeinen ist der realistische Aspekt der Universalpragmatik Habermas’ nicht nur mit dem gemäßigten Realismus und der Wahrheitskorrespondenzlehre vereinbar, sondern Habermas erweitert auch die realistische Weltanschauung mit Hilfe seiner intersubjektiven Beiträge zu den postkonventionellen Interaktions- und diskursiven Verständigungsvorgängen, damit besagter Realismus bezüglich des nachmetaphysischen Denkens eher dialogisch als polemisch aufgefasst werden kann. Aus seiner Sicht, die als universalpragmatischer Realismus der Alltagskommunikation gilt, räumt Habermas explizit folgendes ein:

 

«Offensichtlich können wir den sprachlichen Ausdruck nicht mit einem Stück der uninterpretierten oder »nackten« Wirklichkeit vergleichen –mit einem Referenten also, der sich unserer sprachverhafteten Inspektion entzieht. Aber der Korrespondenzbegriff konnte immerhin einem wesentlichen Bedeutungsaspekt des Wahrheitsprädikats Rechnung tragen[…]. Obgleich Wahrheit auf Kohärenz und gerechtfertigte Behauptbarkeit nicht reduziert werden kann, muß es eine interne Beziehung zwischen Wahrheit und Rechtfertigung geben».[3] «Verständigung kann nicht funktionieren, ohne daß sich die Beteiligten auf eine einzige objektive Welt beziehen […]. Die Unterstellung einer objektiven, von unseren Beschreibungen unabhängigen Welt erfüllt ein Funktionserfordernis unserer Kooperations- und Verständigungsprozesse».[4]

 

Habermas hebt die funktionalen Umrisse der objektiven Welt, die als allgemeine und notwendige Bedingung für die interaktive Suche nach der Wahrheit die Kommunikationsvorgänge und die intersubjektive Verständigung ermöglicht, im Rahmen der Universalpragmatik hervor. Ihrerseits erleichtert die gemeinsam geteilte Lebenswelt solche Vorgänge und Verständigung, denn von besagtem verbindendem Überzeugungshintergrund ausgehend können sich ›interagierende‹ Beteiligte an einer Lebensgemeinschaft einfacher als andere Sprecher einer bloßen Rechtfertigungsgemeinschaft über die objektive Welt verständigen.

 

Anders gesagt, die Rechtfertigung der Wahrheit besteht im engsten Sinne in der intersubjektiven Geltung der Wahrheit, die sich auf eine objektive Welt von einer teilweise subjektiven und teilweise gemeinsamen Lebenswelt ausgehend beziehen lässt, aufgrund postkonventioneller Gründe, die intersubjektiv mit Hilfe von formalen Argumentations- und Kommunikationsprozessen die objektive Wahrheit begründen. Kurzum bedeutet der diskurstheoretische Rechtfertigungsbegriff die intersubjektive, postkonventionelle Wahrheitsbegründung.

 

Alles zusammengenommen, das Verhältnis von erkenntnistheoretischer Wahrheit und universalpragmatischer Rechtfertigung bringt alle drei Aspekte des Verhältnisses von der Theorie und Praxis sowohl mit den vier expressiven, interaktiven, kognitiven und sprachlichen Dimensionen der kommunikativen Kompetenz als auch mit den vier allgemeinen Strukturen des subjektiven Persönlichkeitssystems und mit den Realitätsdimensionen in Einklang, nämlich den Selbstdarstellungs-, Handlungs-, Erkenntnis- und Sprachfähigkeiten zum einen und innerer Natur, sozialer Welt, äußerer Natur und Sprache zu den anderen. D.h. mit anderen Worten fließen das subjektive Interesse und die objektive Erkenntnis auf der einen Seite im epistemologischen Aspekt der erkenntnistheoretischen Wahrheit zusammen und das interaktive Handeln und die Vermittlung zwischen der diskurstheoretischen Geltung und universalpragmatischen Faktizität auf der anderen Seite in den methodologischen und empirischen Aspekten der interaktiven Rechtfertigung.

 

Abschließend fasst Habermas den postkonventionellen Wahrheitsbegriff als einen universalen Geltungsanspruch auf, dessen kognitiver Sprachgebrauch mit den anderen drei Kommunikationsgrundmodi im Zusammenhang steht, nämlich mit dem expressiven, interaktiven und kommunikativen Sprachgebrauch. Aus diesem Grund argumentiert Habermas gegen die rein ›epistemischen‹ und semantischen Wahrheitsbegriffe von Richard Rorty und Michael Williams jeweils,[5] denn ihre Auffassungen sind reduzierend. Dazu fügt Habermas die universalpragmatische Perspektive des Wahrheitsbegriffs hinzu, die nicht nur die erkenntnistheoretische Dimension der rationalen Akzeptabilität und den ontologischen Aspekt des semantischen Bezugs auf die objektive Welt berücksichtigt, sondern besagte Perspektive darüber hinaus die intersubjektive Verständigung als diskursives Ziel des postkonventionellen Interaktionstypus hervorhebt.

 

Daher hat Habermas die Praxis der Kooperations- und Verständigungsprozesse und eher die moraltheoretische als die kognitive Entwicklung seines Ansatzes betont. Laut ihm sollte das universalpragmatische Kommunikationsmodell über das kognitive Repräsentationsmodell der Erkenntnis hinausgehen,[6] in dessen Rahmen die Polemik über das Verhältnis von der Wirklichkeitsrepräsentation und Wahrheit entstanden ist. Davon distanziert sich Habermas folgendermaßen:

 

«Deshalb ist die Frage nach dem internen Zusammenhang von Rechtfertigung und Wahrheit[…] keine erkenntnistheoretische Frage. Es geht nicht um Sein und Schein. Auf dem Spiel steht nicht die richtige Repräsentation der Wirklichkeit, sondern eine Praxis, die nicht zusammenbrechen darf».[7]

 

Dagegen lassen sich Einwände erheben, denn bezüglich des Verhältnisses von der Theorie zur Praxis räumt er selbst ein, dass die eine die andere nicht ausschließt. Abgesehen davon bringt Habermas den kognitiven mit dem kommunikativen Sprachgebrauch in Zusammenhang, dessen Interaktionen verständigungsorientiert sind. Demnach kann die Frage nach der Praxis zwar auch, aber nicht nur erkenntnistheoretisch sein. Übrigens sind Voraussetzungen der Habermas’schen Universalpragmatik auch erkenntnistheoretisch. Um das Verhältnis von der Theorie zur Praxis in Zusammenhang mit der kommunikativen Interaktion des menschlichen Bewusstseins auf die Ethik und Politik anzuwenden, wird der letzte Abschnitt dieses Kapitels im Anschluss in groben Umrissen skizziert.

 

 

 

 

[1] Vgl. ders., Vorstudien…, S. 127 ff. Linkenbach spezifiziert drei Unklarheiten der Wahrheitsauffassung des Aufsatzes Wahrheitstheorien (1972), nämlich die Trennung der Wahrheit von der Objektivität, das Verhältnis vom allgemeinen Geltungsanspruch auf Wahrheit zur umstandsbedingten Wahrheit des Alltagslebens und die Grenze zwischen der Wahrheit und Richtigkeit. Vgl. LINKENBACH, Antje, Opake Gestalten des Denkens. Jürgen Habermas und die Rationalität fremder Lebensformen (Wilhelm Fink, München 1986), S. 138-140.

 

[2] HABERMAS, Jürgen, Wahrheit…, S. 246.

 

[3] Ebd., S. 246-247.

 

[4] Ebd., S. 249.

 

[5] Im Hinblick auf die Reform dieser reduzierenden Wahrheitsbegriffe schreibt Habermas folgendes: «Für diesen Zweck ist freilich ein Deflationismus, der in der Art von Michael Williams mit dem semantischen Wahrheitsbegriff operiert, noch zu stark. Rorty führt statt dessen die Epistemisierung des Wahrheitsbegriffs konsequent durch». Ebd., S. 265.

 

[6] Vgl. ebd., S. 269.

 

[7] Ebd., S. 248-249.

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