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4.1 Das Leben als materialer Inhalt der Ethik

 

Die weltweite Globalisierung der Märkte ist ein komplexes Phänomen. Einerseits schließt sie nur diejenigen, die tatsächlich miteinander konkurrieren können, ins Herrschaftssystem ein. Andererseits grenzt sie die meisten Leute aus, die Opfer der materiellen Ausgrenzung und des materialen Ausschlusses sind. Das Adjektiv „materiell“ bedeutet, dass es ihnen an Ressourcen und Mitteln für ihre effektive Teilnahme an der Konkurrenz besagten Systems mangelt. Im Unterschied dazu wird mit dem Adjektiv „material“ gemeint, dass das Leben der Opfer als materialer Inhalt der Ethik im Rahmen des Herrschaftssystems keine Priorität ist. Auf diese Weise interessieren sich Mitglieder besagten Systems unter Umständen eher für die formale als für die materiale Ethik.[1] Paradoxerweise bedeutet die formelle Globalisierung der Börsenspekulation die materielle Ausgrenzung der meisten Leute, denn sie dürfen nicht demokratisch an der Verteilung besagter Güter teilhaben.

 

Mit Themen des Habermas’schen Ansatzes setzt sich Dussel zwar auseinander, aber die Diskursethik Habermas’ kann nicht kohärent mit der Befreiungsethik über ihren materialen Inhalt debattieren, weil seine Diskursethik prinzipiell formal ist.[2] Wegen ihres universalpragmatischen Formalismus spezifizieren die Diskursethik und Diskurstheorie Habermas’ explizit weder die Konnotation des Partizips „betroffen“ innerhalb des Wortfelds des Partizips „ausgeschlossen“, noch wendet er den Ausdruck „Betroffenen“ auf den Begriff „Opfer“ an.[3] Nicht oft haben Philosophen aus dem Zentrum des ausgrenzenden Herrschaftssystems seine Opfer anerkannt und eingeräumt, dass sie gerade aus der Peripherie des hegemonischen Systems eine entscheidende Rolle spielen können.

 

Trotz ihrer Marginalisierung können ausgeschlossene Opfer unter Umständen doch den solidarischen Mitgliedern besagten Systems verhelfen, die kognitive Fähigkeit zur kommunikativen Interaktion ihres menschlichen Bewusstseins zu entfalten und solidarisch ihre moralische Verantwortung für die Befreiungspraxis zugunsten der Opfer zu übernehmen. Ausdrücklich unterscheidet Dussel den Habermas’schen Begriff „Moralbewusstsein“ vom Begriff „Gewissen“,[4] denn seines Erachtens versuchen intersubjektive Argumentationsvorgänge diskursiv nach Art von Habermas im Lichte postkonventioneller, ›normenbegründender‹ Prinzipien; die ihrerseits einer Begründung bedürfen, den Gesichtspunkt des moralischen Urteils und des Moralbewusstseins aus der Herrschaftsperspektive zu rechtfertigen, d.h. die Sittlichkeit bzw. Moral des hegemonischen Systems. Im Gegensatz zur Diskursethik besteht Dussel kritisch auf der Befreiungsethik, die als postkonventionelle Kritik am Herrschaftssystem unter dem Gesichtspunkt des Gewissens der Opfer bzw. vom Standpunkt der Opfer aus über die rein formalen Prinzipien der Diskursethik debattiert.

 

Wer sind die Opfer, zusammen mit denen Mitglieder besagten Systems nicht nur anhand formaler Vorgänge eine unbegrenzte Kommunikationsgemeinschaft, sondern mittels der solidarischen Verteilung materialer und materieller Güter auch eine Lebensgemeinschaft bilden können? Im Wortfeld des Begriffs „Opfer“ lassen sich die folgenden Menschen als Ausgeschlossene bzw. Unterdrückte, auf die Dussel spezifisch Bezug nimmt, umfassen: Lohnarbeiter, Indios, Ureinwohner bzw. Indianer, Sklaven des Kolonialismus, Ausgebeutete, Frauen als sexuelle Gegenstände der erotischen Begierde und als durch Machos beherrschte Leute, dunkel- und nicht hellhäutige Menschen als durch Rassisten diskriminierte Subjekte, derzeitige und zukünftige durch die Umweltkatastrophen Betroffene, zahlungsunfähige Greise in der Konsum- und Wegwerfgesellschaft, Straßenkinder, Einwanderer und Flüchtlinge ins Ausland, Ausgeschlossene aus jeder Diskussion, Betroffene in den Elendsvierteln u. a.[5] Alles zusammengenommen, Opfer sind die folgenden drei Betroffenen: Die materiell Ausgebeuteten und Unterdrückten, die formal aus jeder Diskussion Ausgeschlossenen und die material aus einem echt menschlichen Leben Ausgeschlossenen, obgleich sie im engsten Sinne in keinem materiellen Knechtschaftsverhältnis stehen.[6]

 

Dussel zufolge ist der Ausschluss nicht nur materiell, sondern auch material, weil das hegemonische System tatsächlich den Opfern Hindernisse sowohl in den Weg ihrer materiellen Teilhabe an den Hilfsmitteln für ihr Überleben als auch in den Weg der Anerkennung des materialen Wertinhalts ihres menschlichen Lebens und ihrer Kultur legt. Unter den folgenden Bedingungen können die Opfer eventuell lernen, den positiven Wert ihrer Kultur zu schätzen:

 

1) Zuerst sollen sie selbst die Macht der Unterdrückung und des Ausschlusses, die auf ihre Kultur ausgeübt wird, zu Bewusstsein bringen. 2) Angesichts des Negativen können Opfer positiv darauf reagieren, wenn sie sich kritisch des Werts ihrer eigenen Kultur bewusst werden. Damit das kritisch überlegte, monologische Bewusstwerden eigentlich zur kritisch ethischen, dialogischen Bewusstwerdung der Unterdrückung und des Ausschlusses wird, wird das Bewusstwerden laut Dussel zum gemeinschaftsfreundlichen Akt gegenseitiger Verständigung bzw. zum ›Einverstanden-Sein‹ auf dem Wege des Gesprächs mit anderen Opfern. Auf diese Weise können sie, die beisammen bleiben, politisch ihr Bewusstsein bilden.[7] In diesem Zusammenhang nimmt sich Dussel eben Rigoberta Menchú, die im Jahre 1992 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde und Opfer der fünf folgenden Unterdrückungs- und Ausschlussarten war, zum Vorbild: Von Machos wurde sie als Frau beherrscht, als Bäuerin ist sie arm gewesen, als Maya bzw. Ureinwohnerin wurde sie mitsamt ihrer Kultur erobert, wegen ihres braunen Teints diskriminiert und als Guatemaltekin aus einem Land der Peripherie vom Kapitalismus ausgebeutet. Schulter an Schulter erlitt Rigoberta solidarisch die Ausgrenzung zusammen mit vielen Opfern, die als Kinder niemals offiziell in die Schule kommen konnten, da es ihnen oft sogar an Lebensmitteln mangelte. Bisweilen wurden diese Menschen nicht nur von ihren Behörden diskriminiert, sondern sie waren auch Opfer der Diskriminierung seitens ihrer Arbeitgeber.

 

Mit neuen Freunden kam Rigoberta in Kontakt und fing an, ihnen ihre Gedanken mitzuteilen. Obwohl Rigoberta damals akademisch keine politische Ausbildung hatte, suchte sie in ihren Erfahrungen etwas, was im Allgemeinen gültig für ihr ganzes Volk war. Davon ausgehend begünstigte ihre Solidarität mit ihm den dialogischen Prozess ihrer kritisch ethischen Bewusstwerdung, bezüglich deren Dussel völlig zu Recht folgendes schreibt:

 

«Man kann Schritt für Schritt den [...] Prozeß beobachten: Rigoberta bzw. ihr Volk haben schon immer ihre Kultur gehabt. Sie haben ihre eigene Kultur als wertlos betrachtet und [...] haben […] nicht gelernt, sie zu schätzen. Sie haben eine furchtbare Unterdrückung erlitten [...]. Plötzlich beginnt der Prozeß der ethisch-kritischen Bewußtwerdung dieser Unterdrückung bzw. der Tatsache, daß sie ausgeschlossen und zu Opfern gemacht worden sind. Dieses Bewußtwerden ist nur möglich durch die Behauptung des Gefühls des eigenen Wertes. Diese [bringt] den Befreiungskampf in Bewegung bzw. das ethische Bewußtsein der Tatsache, Opfer zu sein».[8]

 

Gemäß der originalen Version dieses Texts ist die Rede eher vom eigenen, wertvollen Sein, d.h. auf Spanisch «propio ser valioso»,[9] als vom psychologischen Gefühl des eigenen Werts. Ebenda lautet die spanische Version wörtlich: «una lucha de liberación con conciencia ética de ser víctima», d.h. übersetzt: Einen Befreiungskampf mit ethischem Bewusstsein, Opfer zu sein. Als Ausgangspunkt für besagten Befreiungskampf bestätigt die oben erwähnte Behauptung den Wert der eigenen Kultur als eigenen, wertvollen Seins; mit dem überhaupt nichts Individualistisches gemeint wird, denn in diesem Fall nimmt das Adjektiv „eigen“ auf die Opfergemeinschaft Bezug. Ihres Opfer-Seins können sie sich nun ethisch bewusst werden und für ihre Befreiung dann und nur dann kämpfen, wenn sie den negativen Aspekt ihrer Ausgrenzung zu Bewusstsein bringen und sich des positiven Werts ihrer eigenen Kultur bewusst werden.

 

Der Ausdruck „Opfer zu sein“ bedeutet, Betroffener als materiell Unterdrückter und als formal und material Ausgeschlossener zu sein. Dazu fügt Dussel folgendes hinzu: «Die Befreiungsethik weist darauf hin, daß das Bewußtsein der Tatsache, daß man betroffen (ausgeschlossen) ist, eigentlich das Ergebnis eines befreienden Prozesses der Bewußtwerdung» ist.[10] Obwohl der Betroffene als ein formal aus jeder Diskussion Ausgeschlossener vom Dusselschen Text im engsten Sinne gemeint wird, gilt besagtes Ergebnis logischerweise auch für jeden Betroffenen als material Ausgeschlossenen und als materiell Unterdrückten bzw. Ausgebeuteten, dessen kritische Bewusstwerdung eigentlich ethisch und dialogisch ist.

 

Demnach leistet der Dusselsche Ansatz insoweit seinen postdiskursiven Beitrag zur Ergänzung des Habermas’schen Begriffs der Bewusstseinsinteraktion, als Dussel seinen Ansatz nicht nur nach Art von Habermas aus der formalen Perspektive der unbegrenzten Kommunikationsgemeinschaft der ins Herrschaftssystem eingeschlossenen Beteiligten entwickelt hat, sondern auch vom materialen Standpunkt der Lebensgemeinschaft der Opfer aus. Unter diesem Gesichtspunkt interessiert sich Dussel fortwährend sowohl für die materielle Ausgrenzung und den materialen Ausschluss als auch für den formalen Einschluss der Opfer in die Kommunikationsvorgänge derjenigen, die den Opfern zur Verfügung stehen, um sich für sie solidarisch zu engagieren. Aufgrund seiner materialen Perspektive kann der Ansatz Dussels nicht nur im Hinblick auf die interaktive Selbstrechtfertigung des hegemonischen Herrschaftssystems dialogisch mit ihm bzw. kommunikativ sein, sondern auch kritisch, da die Befreiungsethik von der Systemperipherie ausgehend eine Kritik am ausschließenden System ist.

 

In Anbetracht besagter materialer Perspektive vermag es die Befreiungsethik auf der Basis des materialen Inhalts der Ethik, sich kritisch mit dem Einschluss der Opfer in die formalen Kommunikationsvorgänge auseinanderzusetzen und thematisch auch die Herausforderung zur effizienten Durchführung der kurz-, mittel- und langfristigen Befreiungspraxis anzunehmen. Allmählich können Menschen, die solidarisch in Wechselwirkung zu den Opfern und zueinander stehen, während der formalen Kommunikationsvorgänge zusammen mit der Opfergemeinschaft und mittels der Durchführbarkeit des materialen Inhalts der Ethik die Fähigkeit ihres Bewusstseins zur kommunikativen Interaktion derartig entfalten, dass die kognitive Bewusstseinsbildung kritisch zur ethischen Bewusstseinsbildung wird.

 

Den universalpragmatischen Formalismus Habermas’ kann Dussel mit Hilfe seiner materialen Ethik zugunsten der Verbesserung der Lebensbedingungen der Opfer ergänzen, deren Befreiung effiziente Durchführung und formalen Einschluss ins Gespräch impliziert. Auf diese Weise kann Dussel im Rahmen seiner drei postdiskursiven Ergänzungen zum Habermas’schen Ansatz die ziemlich formale Diskursethik subsumieren. Unter den Fachbegriffen „subsumieren“ und „Subsumtion“ versteht Dussel sowohl positiv die kritische Übernahme einer Meinung, Methode, eines Ansatzes, Beitrags und Vorschlags als auch negativ die kritische Unterordnung dieser letzteren seinem befreiungsphilosophischen Ansatz, d.h. seiner Ethik und Politik. In diesem Sinne vermag es laut ihm die Befreiungsethik und Befreiungspolitik, den diskurstheoretischen Beitrag zu den formalen Vorgängen zu übernehmen und ihn dem befreiungsphilosophischen Ansatz unterzuordnen. Obwohl Dussel tatsächlich in einem anderen Bereich das Wort „subsunción“ als „Aufhebung“ vom Spanischen ins Deutsche übersetzt,[11] werden die Fachausdrücke „Subsumtion“ und „subsumieren“ stets in dieser Dissertation gebraucht, denn so lautet ihre Übersetzung in seinem Buch Prinzip Befreiung.

 

In ähnlicher Weise subsumiert Dussel selbst seine ›prädiskursive‹ Philosophie der Befreiung, deren Werke er seit den siebziger Jahren veröffentlichte, innerhalb seiner postdiskursiven bzw. nachdiskurstheoretischen Werke Ética de la liberación (1998), Hacia una Filosofía política crítica (2001), Materiales para una política de la liberación (2007), Política de la liberación I (2007), Política de la liberación II (2009) u. a. Wegen dieser Subsumtion verschiebt sich sein Ansatz begrifflich vom „Armen“ zum „Opfer“, weil das semantische Wortfeld dieses letzteren Begriffs breiter als die Bedeutung des ersteren ist. Zu Gunsten besagter Verschiebung betont Dussel explizit in diesem Zusammenhang das Interesse des postdiskursiven Ansatzes für die menschliche Entwicklung des Lebens der Opfer, für die Argumentation und ›Transformation‹, deren Thematik jeweils auf etwas Materialem, Formalem und Durchführbarem besteht. In Anlehnung an Apels Werk Transformation der Philosophie (1973) leistet Dussel nun theoretisch seinen Beitrag zur Philosophie der Transformation mittels der Durchführbarkeit des Befreiungskampfs, der sich zwar kritisch sowohl von den konservativen Reformen als auch von aller anarchistischen Revolution distanziert, aber in gewissem Sinn kann er als Kampf im Rahmen besagter Durchführbarkeit die rebellische Aktion des Anarchisten und die konservative Handlung des Reformisten subsumieren. Diesbezüglich lässt sich der folgende Abschnitt zitieren:

 

«Gegenüber den unmöglichen Versuchen des Anarchisten und dem Urteil des Konservativen[...] versucht die Befreiungsethik das Mögliche, das unter den gegebenen Umständen Faktible zugunsten der Opfer. Dieser Versuch kann der Sache nach mit der rebellischen Aktion übereinstimmen, aber auch mit den systemimmanenten funktionalen Handlungen des Konservativen, wenn die Transformation zugunsten der Opfer zufällig mit den reformistischen Absichten im Inneren des Systems übereinstimmen sollte. Der Unterschied der Praxis der Befreiung zu den genannten Positionen ist in den jeweiligen Kriterien zu suchen. Bei der befreienden Aktion geht es um die Transformation der gesellschaftlichen Momente aus der Perspektive der Opfer und um ihres Lebens willen, und nicht um den Umsturz oder Erhalt der Institutionen [...]».[12]

 

Im Gegensatz zur Utopie der anarchistischen Revolution und zum Pragmatismus der konservativen Reform macht sich die Befreiungsethik unter Berücksichtigung der acht Durchführbarkeitsstufen, die oben zu Beginn dieses Kapitels erwähnt worden sind, auf die Suche nach dem Möglichen, d.h. die Suche nach allem Möglichen gegenüber dem Pragmatismus des Reformisten und nur die Suche nach dem Möglichen gegenüber dem Utopismus des Anarchisten. Dussel zufolge kann die Befreiungspraxis zwar unter Umständen in Anbetracht des materialen Inhalts des Möglichen bzw. Durchführbaren mit dem konservativen Handeln und mit dem rebellischen Handeln des Anarchisten vereinbar sein, aber sie ist formal anders als besagte Handeln aufgrund des Transformationskriteriums, die sich als Befreiungskampf vom Standpunkt der Opfer aus weder auf die Revolution bzw. Umsturz gegen die korrupten bzw. pervertierten Institutionen noch auf die alleinige Reform zwecks der Selbstrechtfertigung und Erhaltung der Institutionen, Prinzipien und Kriterien des hegemonischen Herrschaftssystems reduziert.[13]

 

Ausdrücklich nennt Dussel seine Befreiungsethik eben ›Transformationsethik‹ als kritische, praktische Philosophie des Alltagslebens und schreibt ausschließlich im Unterschied zum Befreiungskampf sowohl der illegalen, illegitimen Rebellion des Anarchisten als auch dem legalen Zwang des herrschenden Systems, der illegitim geworden ist, das spanische Wort „violencia“ zu, d.h. übersetzt „Gewalt“.[14] Im Jahre 1973 waren Konservativen, die gewaltsam ein Attentat auf Dussel verübten, und 1975 waren Institutionen des Systems, die ihn aus Argentinien vertrieben. Aus politischen Gründen erlitt er als Opfer des Ausschlusses aus seinem Exil in Mexiko das offizielle Verbot seiner Werke in Argentinien und entwickelte dessen ungeachtet vom Standpunkt der Opfer aus im Dialog mit vielen Denkern und Lehren seinen philosophischen Ansatz.

 

Z.B. subsumiert Dussel innerhalb seiner Ethik die Auseinandersetzung mit der ›Eudaimonie‹ bzw. Glück, da dieses teleologische Thema für die Opferbefreiung vom Unglück entscheidend ist. Auf dem materialen Inhalt der Ethik besteht Dussel in Anlehnung an Aristoteles, Thomas von Aquin, Scheler, Zubiri, Ricœur, MacIntyre, Ch. Taylor u. a. im Hinblick auf die Grundlegung der Befreiungsethik, die positiv diese konstruktive Aufgabe erfüllen soll. Darüber hinaus obliegt ihr eine negativ ›dekonstruktive‹ Aufgabe, die in der Kritik am herrschenden System vom Standpunkt der Opfer aus besteht. Zu diesem Zweck subsumiert die Dusselsche Befreiungsethik nicht nur im Bereich der Begriffe die kritischen Ansätze von Marx, Adorno, Horkheimer Marcuse, Benjamin, Levinas u. a., sondern sie zieht auch das Leiden als Erlebnis und die Kritik der Opfergemeinschaft an der hegemonischen Herrschaft in Erwägung.

 

Aus diesem Grund berücksichtigt Dussel gern die Anschauung und Beiträge der Ausgeschlossenen, die selbstverständlich bestimmte Menschen, Gruppen und Kulturen sein können, z.B.: Ernst Bloch (1885-1977), Paulo Freire (1921-1997), Rigoberta Menchú (geb. 1959), die Volksfront der chilenischen „Unidad Popular“, die Opfer der Kubanischen und Nicaraguanischen Revolution und der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung (kurz EZLN) und viele Kulturen, die Opfer der abendländischen Herrschaft gewesen sind. Unter anderen leisten die folgenden Völker bzw. Kulturen aus der ethischen und politischen Sicht abseits des derzeit herrschenden Systems ihren Beitrag zur Geschichte der Befreiung: Sumerer, Ägypter, Semiten, Inder, Chinesen, Azteken, Maya, Inka, Byzantiner, Islamiten und mittelalterliche Europäer der Peripherie außerhalb des Oströmischen Reichs.[15]

 

Zur Zeit zählen Erben von vielen dieser Völker einfach zu den Ausgeschlossenen aus dem Nordfortschritt und aus der westeurozentrischen, nordamerikanischen Geschichte der Philosophie, deren stereotype Einteilung in Antike, Mittelalter und Neuzeit nach besagten konventionellen Epochen jenseits ihrer partiellen und bloß abendländischen Weltanschauung keinen rein wissenschaftlichen Grund hat. Infolge des kranken Okzidentalismus vermuten Abendlanddenker bisweilen aber anspruchsvoll und grundlos, dass ihre partikuläre Denkart notwendigerweise das allgemein Gültige für alle Menschen und Kulturen ist.[16] Laut dem Dusselschen Ansatz kann die Befreiungsethik als Befreiungsphilosophie im Allgemeinen zu einer Befreiung der Philosophie selbst von ihrem arroganten Eurozentrismus und Okzidentalismus werden, weil die interkulturelle Philosophie die abendländische Version der Philosophiegeschichte zum interkulturellen, weltanschaulichen Dialog mit den Opfern herausfordert; d.h. zum Einschluss der Kulturen, die irgendwie ausgegrenzt worden sind, in die Kommunikations- bzw. Gesprächsvorgänge.

 

Vom interkulturellen Standpunkt der Opfer aus kann sich besagte abendländische Philosophie ihrer kulturell begrenzten Geltung bewusst werden, da das Erheben ihrer allgemeinen Geltungsansprüche noch nicht tatsächliche Erreichung der Allgemeingültigkeit ist, sondern es ist eher ein sehnsuchtsvoller Wunsch als eine aktuelle Verwirklichung besagter Geltung. Auf diese Weise kann das Bewusstsein der Mitglieder des herrschenden Systems, die mit den Opfern solidarisch sind, seine Fähigkeit zur kommunikativen Interaktion während der interkulturellen Dialogvorgänge mit den Opfern weiterentwickeln. Diesbezüglich bleibt der Habermas’sche Ansatz ruhig innerhalb der Grenzen der abendländischen Philosophie und vermag es nicht tatsächlich, eine unbegrenzte Kommunikationsgemeinschaft mit den betroffenen Kulturen als ausgeschlossenen Opfern zu garantieren. Sie können solchen Mitgliedern zum Bewusstwerden der Grenzen der Habermas’schen Ansprüche verhelfen, deren Erheben zwar gewiss nach der Allgemeingültigkeit strebt, aber ihre Geltung ist bisher tatsächlich abendländisch. Nach Art von Habermas ausgedrückt, besagte Geltung kann eben mit Hilfe der interkulturellen Rechtfertigung nicht nur aus der intersubjektiven Perspektive der Beteiligten am abendländischen Diskurs eigentlich allgemein gültig werden, sondern auch vom Standpunkt der Opfer aus, d.h. aus der Perspektive der Betroffenen, die ausgeschlossene Menschen und Kulturen sind.

 

Vom materialen Kriterium und Prinzip „menschliches Leben“ ausgehend kann die Befreiungsethik in diesem Bereich den materialen Inhalt der abendländischen Ethik subsumieren, mit deren formalen Gesprächsvorgängen sich kohärent die materialen und durchführbaren Aspekte der Befreiungsethik vereinbaren lassen, nämlich das „menschliche Leben“ als Prinzip und Kriterium der Ethik und die effiziente Durchführung der Befreiungspraxis. Eigentlich fasst Dussel den Begriff „menschliches Leben“ als „lebendigen Menschen“ auf, dessen Natur wesentlich gemeinschaftsfreundlich ist. In diesem Sinne lässt sich das menschliche Leben nicht nur materiell durch den neurobiologischen Determinismus bedingen, sondern es strebt auch natürlich nach gewissen Zwecken bzw. Zielen, die etwas mit dem materialen Inhalt der Ethik zu tun haben. Naturalistisch betrachtet, das menschliche Leben wird von den Gehirnprozessen, Charakter, Gesellschaft, Natur, Kultur und Sprache bedingt und fordert Nahrungsmittel, Wohnhaus, Sicherheit, Kleid, Krankversicherung u. a., an denen es vielen Opfern mangelt. Der materialen Ethik zufolge strebt die Natur des lebendigen Menschen nach den Werten, die sein Verhalten zur Freiheit, Selbstständigkeit, Identität jeder Person innerhalb einer Kultur, Selbstwertgefühl, Selbstverwirklichung usw. orientieren.

 

Nach Dussel ist das menschliche, gemeinschaftsfreundliche Leben insoweit das materiale Kriterium für die praktische Wahrheit des Inhalts der Befreiungsethik, als besagtes Kriterium sich theoretisch nur auf den rein deskriptiven Aspekt der Handlung als aktualisierter Verwirklichung einer Tatsache bezieht, nämlich auf die Beschreibung des Lebens als Tatsache. Gemäß diesem Kriterium lässt sich der materiale Inhalt der Ethik erst von Tatsachenurteilen ausgehend begründen, d.h. von deskriptiven Urteilen bzw. Aussagen, die offensichtlich konkrete Tatsachen beschreiben. Schriftlich lässt sich der materiale Inhalt besagten Kriteriums einfach folgendermaßen zum Ausdruck bringen: Wer menschlich handelt, schließt immer und notwendigerweise in den Inhalt seiner Handlung irgendeine Vermittlung bzw. etliches Hilfsmittel für die bewusst verantwortliche Produktion, Reproduktion oder Weiterentwicklung des menschlichen Lebens jedes Subjekts innerhalb einer Lebensgemeinschaft ein, deren letzter Bezugspunkt alles in allem die gesamte Menschheit ist.[17]

 

Material befriedigt besagte Lebensgemeinschaft insofern Bedürfnisse nach der menschlichen Leiblichkeit, als das menschliche Leben Gemeinschaftsleben bzw. gemeinschaftsfreundliches Leben ist, und erfüllt inhaltlich kulturelle Erwartungen und Wünsche nach Vergesellschaftung. Daher ist dieses materiale Kriterium keineswegs ›autopoietisch‹ bzw. solipsistisch, sondern gemeinschaftsfreundlich. In diesem Sinne vertritt Dussel die These, wonach das Bewusstsein und die Vernunft zwar Bestandteile bzw. Momente im menschlichen Leben sind, aber nicht umgekehrt. D.h. «Ich lebe, dann denke ich».[18] Folglich ist das Bewusstsein chronologisch in Bezug auf das Leben eher ein zweiter als ein erster Moment und die Interaktion des Bewusstseins ist kraft der gemeinschaftsfreundlichen Natur des menschlichen Lebens kommunikativ.

 

Im Gegensatz zum oben erwähnten Kriterium erfordert das materiale Prinzip der Befreiungsethik den Übergang von deskriptiven zu normativen Aussagen, deren Grundlegung von konkreten Tatsachenurteilen ausgeht, und nach Dussel lautet seine Formulierung wörtlich folgendermaßen:

 

«Wer ethisch handelt, muß (als Sollensverpflichtung) das konkrete Leben jedes menschlichen Subjekts in einer Lebensgemeinschaft selbstverantwortlich produzieren, reproduzieren und weiterentwickeln, wobei er sich auf die normativen Aussagen mit Anspruch auf praktische Wahrheit stützen kann».[19]

 

Samt dem Anspruch auf praktische Wahrheit lassen sich sowohl ein Anspruch auf Richtigkeit, da das materiale Prinzip normativ ist und eine Auffassung des Sollens bzw. Müssens voraussetzt, als auch ein Anspruch auf Allgemeingültigkeit implizit im Lichte besagten Prinzips erheben, weil der letzte Bezugspunkt des ethischen Handelns und des Begriffs „gutes Leben“ die gesamte Menschheit ist. Demnach kann der Mensch autonom die Verantwortung sowohl für das eigene und gemeinschaftliche Leben als auch für das Leben der gesamten Menschheit als letzten, impliziten Horizonts seiner Handlung übernehmen, denn Dussel zufolge eröffnet sich die Möglichkeit zur autonomen Selbstverantwortung genau aus der Perspektive des Selbstbewusstseins, dessen Ausübung und Interaktion niemals monologisch sind. In diesem Zusammenhang vertritt Dussel die Ansicht, wonach «jede menschliche Handlung als menschliche die Ausübung des Selbstbewußtseins zu ihrem spezifisch konstitutiven Moment hat»,[20] d.h. ohne es ist sie keinesfalls menschlich. Wenn sie menschlich ist, ist sie auch gemeinschaftsfreundlich, weil sich die Interaktion unseres Selbstbewusstseins dialogisch bzw. kommunikativ entwickelt.

 

Vom Standpunkt der Opfer aus lässt sich das oben erwähnte, materiale Kriterium durch das kritische, materiale Kriterium, das von der Tatsache des Leidens der Opfer ausgeht, im Besonderen auf das Leben der Betroffenen fokussieren. Das erlebte Leiden der Opfer ist das kritische, materiale Kriterium der Befreiungsethik und gemäß ihm ist der wirkliche Bestand der Opfer, die nun gerade leiden, eine Tatsache.[21] Diesem Kriterium, das von einem Tatsachenurteil beschrieben wird, entspricht ein kritisches, materiales Prinzip, das sich durch die folgende annähernde und normative Formulierung zum Ausdruck bringen lässt:

 

Diejenigen, «die ethisch-kritisch arbeiten, haben schon immer das Opfer als selbstständigen Menschen apriori an-erkannt, den Anderen als das Andere […], den man der Möglichkeit beraubt hat, (weiter) zu leben, ganz oder teilweise. Aus dieser simultanen An-erkennung kann man eine Mit-verantwortung für den Anderen als Opfer erkennen. Diese Verantwortung zwingt dazu, das Opfer vor dem System in Schutz zu nehmen, und, an erster Stelle, das System zu kritisieren, das solche Aufopferung verursacht. Das Subjekt eines solchen Prinzips ist die Opfergemeinschaft selbst».[22]

 

Auf Spanisch schreibt Dussel mit kursiver Schriftart zwei Wörter des oben zitierten Texts, nämlich „kritisch“ und „zwingt“, um die Charaktereigenschaften dieses Prinzips als normativen Grunds für die Kritik am Herrschaftssystem zu betonen. Anstelle des Verbs „erkennen“ soll man den Infinitiv „entdecken“ als Übersetzung des originalen Ausdrucks „se descubre“ lesen und die Substantive „An-Erkennung“ und „Mit-Verantwortung“ werden mit Trennungsstrich auch auf Deutsch geschrieben, weil sie Levinas’sche Konnotationen haben.

 

Im Hinblick auf die Anwendung des kritischen, materialen Prinzips der Ethik auf die Politik schlägt Dussel die folgende normative Aussage als Mindestformulierung des materialen Prinzips der Befreiungspolitik vor, dessen Inhalt kurzum in einem Imperativ solidarischer Geschwisterlichkeit und Gerechtigkeit besteht:

 

›Wir müssen stets agieren, damit jede Norm bzw. Maxime jeder Handlung, Organisation bzw. Institution und Ausübung der kommunikativen Macht die Produktion, Erhaltung und Vergrößerung der Lebensdimensionen der Staatsbürger an erster Stelle und aller Menschheit letztendlich bezweckt. Während wir mittel- und langfristig für diese Ziele verantwortlich sind, können das politische Handeln und die Institutionen politischen Anspruch auf praktische Wahrheit im Bereich der Ökologie, Ökonomie und Kultur erheben. Tatsächlich wird die Befriedigung der Bedürfnisse der lebenden Staatsbürger die Erreichung des politischen Anspruchs auf Gerechtigkeit beweisen. Dieses Prinzip erhebt einen allgemein gültigen Anspruch, dessen gegenwärtiges und zukünftiges Limit die Erde und Menschheit insgesamt sind‹.[23]

 

Obgleich die Alternative zu einer schwachen Übersetzung des spanischen Verbs „deber“ als „sollen“ gilt, verliert das oben formulierte Prinzip keinesfalls seinen normativen Charakter. An dieser Stelle gebraucht Dussel zwar den Ausdruck „poder consensual“ bzw. „Konsensmacht“, aber dessen ungeachtet meint Dussel damit gemäß der Formulierung des Dusselschen Prinzips von Gleichberechtigung eigentlich die „kommunikative Macht“.[24] Im Gegensatz zu diesem letzteren, das Anspruch auf formale Richtigkeit erhebt, betont Dussel aufgrund des materialen Inhalts des oben formulierten, befreiungspolitischen Prinzips seinen Anspruch auf praktische Wahrheit des Staatsbürgerlebens an erster Stelle und aller Menschheit letztendlich.

 

Auf Deutsch lautet die Übersetzung des Ausdrucks „tengan por propósito“, mittels dessen Dussel explizit auf das Thema der bewussten Absicht Bezug nimmt, einfach „bezwecken“. Dem materialen Prinzip der Befreiungspolitik zufolge strebt besagte Absicht bzw. Vorhaben bewusst nach der Verbesserung der Bedingungen des Staatsbürger- und Menschheitslebens. In diesem Sinne setzt der politische Anspruch auf praktische Wahrheit eine bewusste Absicht zugunsten des Lebens voraus, deren Interaktionshorizont sich durch die Bereiche der Ökologie, Ökonomie und Kultur gestalten lässt. In diesem Zusammenhang lässt sich die Allgemeingültigkeit des materialen Prinzips der Befreiungspolitik innerhalb des gesamten Horizonts der Erde und Menschheit begrenzen, inmitten dessen das menschliche Bewusstsein seine Fähigkeit zur kommunikativen Interaktion mit den Menschen und mit der Umwelt entfaltet.

 

Im Grunde genommen, das materiale Prinzip der Befreiungsethik ist wahrlich Vermittlung zwischen dem materialen Kriterium und seiner Anwendung, d.h. es ermöglicht kohärent den logischen Übergang von den deskriptiven zu normativen Aussagen zwecks der formalen Rechtfertigung und Grundlegung von Normen und Prinzipien im Hinblick auf die effiziente Durchführung des materialen Inhalts der Ethik mittels der Befreiungspraxis. Zu diesem Zweck fordert die Anwendung des materialen Prinzips der Befreiungsethik kritisch nicht nur die Urteilsfähigkeit des Bewusstseins und die Ausübung der so genannten Tugend „jro/nhsij“ bzw. Klugheit, deren Begriffe Dussel weder als etwas Einsames noch Monologisches auffasst, sondern sie bedarf auch eines formalen Prinzips diskursiver, praktisch-intersubjektiver Rationalität. Mit Hilfe der diskursiven Intersubjektivität lässt sich die normative Geltung besagten Moralprinzips, das formal zusammen mit dem ethischen Prinzip konkreter Durchführbarkeit den ethischen Inhalt des materialen Prinzips mitbestimmt, im Lichte der Argumentation vor irgendeinem Gesprächspartner rechtfertigen und intersubjektiv zur Verständigung orientieren.

 

Aufgrund der Rechtfertigung ihrer Geltung haben Normen und Prinzipien zwar eine formale Grundlegung, aber es mangelt ihnen noch an Anwendung auf die Handlung. Zwischen der theoretischen Grundlegung und praktischen Anwendung gibt es einen Rahmen, innerhalb dessen sich das menschliche Selbstbewusstsein aufmerksam mit interaktiver Freiheit, Autonomie und Verantwortlichkeit auf die Suche nach einer möglichen Antwort auf die Frage nach der effizienten Anwendung der Theorie macht. Zwecks der formalen Grundlegung jeder Norm, der man tatsächlich auf jeden Fall und in jeder Handlung praktische Folge leistet, finden interaktive Anwendungsprozesse des materialen Prinzips in besagtem Rahmen statt.[25]

 

Kurz zusammengefasst, während der Gesprächsvorgänge erreicht das materiale Kriterium für die praktische Wahrheit der Befreiungsethik wegen der formalen Bestimmung des Moralprinzips eben die intersubjektive Geltung seines ethischen Inhalts, den jemand kritisch vermöge der kommunikativen Interaktion seines Bewusstseins auf die Befreiungspraxis bzw. den Befreiungskampf dann und nur dann anwenden kann, wenn solcher Inhalt durchführbar ist. Im Anschluss lässt sich der formale Aspekt der Befreiungsethik in groben Umrissen darstellen, in dessen intersubjektive Vorgänge die Opfer eingeschlossen werden müssen.

 

 

 

 

[1] Nach Art von M. Scheler gebraucht Dussel insofern das Adjektiv „material“, als die materiale Wertethik Schelers im Raum der deutschsprachigen Philosophie einen Gegensatz zum Kantischen Formalismus bildet.

 

[2] Vgl. DUSSEL, Enrique, Ética de la liberación en la edad..., S. 198 § [144]. Nicht nur die Diskursethik, sondern der Habermas’che Vernunftbegriff ist auch rein formal. Diesbezüglich schreibt M. Pojana: «Das Besondere und Signifikante des Habermasschen Begriffes von Vernunft ist jetzt dadurch bedingt, daß er in jene […] geschichtsphilosophische Konstruktion diejenigen Kantischen Denkfiguren einläßt, […] die den Vernunftbegriff letztendlich als einen rein formalen Begriff von Vernunft determinieren». POJANA, Manfred, Zum Konzept der kommunikativen Rationalität bei Jürgen Habermas (Die Blaue Eule, Essen 1985), S. 93.

 

[3] Jenseits des Formalismus berücksichtigt K. Hirschkop die asymmetrischen Beziehungen in einem Aufsatz, in dem er versucht, den Ansatz Habermas’ aus der dramatischen Perspektive Bakhtins zu ergänzen. «For all Bakhtin’s talk of ‘dialogue’, he has in mind something rather different: not the equitable and symmetrical situation of conversation […], but the asymmetrical relationship between a novel and its constituent ‘voices’». HIRSCHKOP, Ken, »Justice and drama: on Bakhtin as a complement to Habermas«, in: CROSSLEY, Nick, Hrsg., After Habermas..., S. 61. Seinerseits fasst S. Hendley den Ausdruck „alle Betroffenen“ des diskursethischen Universalisierungsgrundsatzes im Rahmen des Levinas’schen Begriffs vom „Anderen“ als „Nächstem“ und „concerned“ auf. Z.B. schreibt S. Hendley bezüglich besagten Grundsatzes folgendes: «It is this principle that essentially constitutes the moral point of view for Habermas, requiring of everyone a willingness to take the concerns of others who might be affected by a norm into account in its justification. It demands a willingness to take the objections of others seriously by only accepting such a norm as valid after it has been shown to be defensible in the light of those objections». HENDLEY, Steven, From communicative action to the face of the other. Levinas and Habermas on language, obligation, and community (Lexington, Lanham 2000), S. 11.

 

[4] Vgl. DUSSEL, Enrique, Ética de la liberación en la edad..., S. 200 § [146].

 

[5] Vgl. ebd., S. 302.309 § [209].[210].

 

[6] Vgl. ebd., S. 417 § [283]. Vgl. ders., Prinzip Befreiung..., S. 123.

 

[7] Vgl. ders., Ética de la liberación en la edad..., S. 416-417 § [282]. Vgl. ders., Prinzip Befreiung..., S. 121-122. Ausdrücklich übersetzt Dussel ab und zu das Wort „acuerdo“ als „Verständigung“ vom Spanischen ins Deutsche. Vgl. ders., Ética de la liberación en la edad..., S. 413 § [279]. Vgl. ders., Prinzip Befreiung..., S. 119.

 

[8] Ebd., S. 122.

 

[9] Vgl. ders., Ética de la liberación en la edad..., S. 417 § [282].

 

[10] Ders., Prinzip Befreiung..., S. 123. Vgl. ders., Ética de la liberación en la edad..., S. 418 § [283].

 

[11] Vgl. ebd., S. 190 § [137].

 

[12] Ders., Prinzip Befreiung..., S. 163-164.

 

[13] Vgl. ders., Ética de la liberación en la edad..., S. 561-562 § [396], 528 § [366].

 

[14] Vgl. ebd., S. 538 § [373], 533 § [370], 549 § [383].

 

[15] Vgl. ebd., S. 412-460 § [278-323]. Vgl. ders., Política de la liberación. Historia mundial y crítica (Trotta, Madrid 2007), Bd. I, S. 22-116 § [6-67], S. 488-505 § [231-239].

 

[16] Vgl. ebd., Bd. I, S. 551-552 § [240].

 

[17] Vgl. ders., Ética de la liberación en la edad..., S. 132 § [102]. Vgl. ders., Prinzip Befreiung..., S. 22-23.

 

[18] Ebd., S. 22.

 

[19] Ebd., S. 36. Vgl. ders., Ética de la liberación en la edad..., S. 140 § [110].

 

[20] Ders., Prinzip Befreiung..., S. 34. Vgl. ders., Ética de la liberación en la edad..., S. 138 § [109].

 

[21] Vgl. ders., Prinzip Befreiung..., S. 104.108 Vgl. ders., Ética de la liberación en la edad..., S. 369.372 § [268. 270].

 

[22] Ders., Prinzip Befreiung..., S. 112-113. Vgl. ders., Ética de la liberación en la edad..., S. 376 § [273].

 

[23] Auf Spanisch lautet der originale Text folgendermaßen: «Debemos operar siempre para que toda norma o máxima de toda acción, […] organización o institución[…], de todo ejercicio del poder consensual, tengan siempre por propósito la producción, mantenimiento y aumento de las dimensiones propias de la vida inmediata de los ciudadanos de la comunidad política, en último término de toda la humanidad, siendo responsables también de esos objetivos en el mediano y largo plazo […]. De esta manera, la acción política y las instituciones podrán tener pretensión política de verdad práctica […] en la sub-esfera ecológica […] económica […] y […] cultural […]. La satisfacción de las necesidades de la corporalidad viviente de los ciudadanos […] probarán como hecho empírico el logro de la pretensión política de justicia. Es un principio con pretensión universal, cuyo límite es el planeta Tierra y la humanidad en su conjunto[…]». Ders., Política…, Bd. II, S. 462 § [410].

 

[24] Auf Spanisch schreibt Dussel den Ausdruck „ejercicio del poder comunicativo“ und „ejercicio del poder consensual“, mit dem er genau dasselbe meint. Vgl. ebd., B II, S. 405 § [388].

 

[25] Vgl. ders., Prinzip Befreiung..., S. 37. Vgl. ders., Ética de la liberación en la edad..., S. 143 § [113].

 

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